Es war die wahrscheinlich längste Diskussion über einen einzelnen Tagesordnungspunkt in der heutigen Stadtverordnetenversammlung, und wie auch schon im Bauausschuss ging es hoch her, als die Bahnhofsinsel auf die Agenda rückte. Es war auch schnell klar, dass hier nicht nur um Bäume und Bänke gestritten wurde, sondern um Stadtgestaltung und Bürgerbeteiligung allgemein. Denn die Vorlage, die Bündnis 90/Die Grünen und die Bürger‐fraktion Eberswalde zur Abstimmung gestellt hatten, war so allgemein gehalten, dass man eigentlich nicht viel dagegen hätte sagen können: das Baudezernat sollte lediglich beauftragt werden, zusammen mit dem ALNUS noch einmal über die Sache nachzudenken und ein Konzept für eine Grün‐an‐lage auf dem Bahnhofsvorplatz zu entwickeln. Nur darüber wurde debattiert, nicht über einen konkreten Entwurf oder eine genaue Summe Geld. Das Ergebnis — nach halbstündiger Diskussion und einer Verhandlungspause — war positiv. Die Bahnhofsinsel ist beschlossen in dem Sinne, dass es eine Mehrheit unter den Abgeordneten gibt, die eine gestalterische Veränderung hin zu mehr Grün auf dem Bahnhofsvorplatz wollen und uns ein Mitspracherecht dafür einräumen möchten. Das heißt noch nicht, dass unser Entwurf eins zu eins umgesetzt wird.
Was während der Diskussion zur Sprache kam, war — bei einigen — Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Architektur ebenso wie mit der Arbeit des Baudezernats, von der ein Abgeordneter meinte, es torpediere den Bürgerwillen. Andere waren mit der jetzigen Gestaltung zufrieden oder mit Details unseres aktuellen Entwurfs nicht einverstanden. In vielen Redebeiträgen schien jedoch als eigentliches Thema die Frage durch, wie Politik, Verwaltung und die „einfachen Menschen“ — das sind wir — zusammenwirken sollten, damit man das Ganze demokratisch nennen kann.
Was mir der heutige Abend gezeigt hat, ist, dass wir in Eberswalde — für die Lokalpolitik, aber auch als Übung für die größeren Zusammenhänge — eine Diskussion über Demokratie und Mitbestimmung nicht nur brauchen, sondern dass sie im Bereich des Möglichen liegt und von vielen gewollt ist. Dass sich diese Diskussion an unserem Projekt entzündet hat, freut und ehrt mich ungemein. Ich werte das persönlich als den größten Erfolg der Bahnhofsinsel.
Da ich während des Projekts oft genug gemerkt habe, wie schwer es ist, die Vielen, die mit etwas unzufrieden sind, dazu zu bewegen, einen konkreten Beitrag zur Veränderung zu leisten, bin ich weit davon entfernt, die „Obrigkeit“ allein für undemokratische Zustände verantwortlich zu machen. Es ist tatsächlich etwas komplizierter. Aber es gibt Dinge, über die wir reden sollten. Dazu gehören für mich und auf das Thema bezogen die traditionellen Prozeduren der Bürgerbeteiligung, die der Exekutive zu große Entscheidungsmacht und der Mehrheit nur ein Einspruchsrecht gegen fast vollendete Tatsachen einräumen und die Frage, welche Maßstäbe wir an Ästhetik und Stadtgestaltung anlegen wollen. Dass die Allgemeinheit da mitreden will, mag für manche Planer überraschend kommen.
Ob das nun aber dauerhaft ein wichtiges Anliegen bleibt, ist nicht zu entscheiden, ohne dass jeder in sich geht und sich Gedanken über Schön‐heit und seinen eigenen Beitrag zur Veränderung macht. Also man los!
mensch, das ist ja mal ein unerwartetes aber erfreuliches ergebnis. da scheint ja noch einige zeit mit vielen rendez-vous mit der stadt ins and zu gehen…
aber ich muss schon sagen: eberswalde überrascht mich immer wieder.