“Naturzerstörung findet in fernen Ländern statt, wo es noch Wildnis gibt. Bei uns hat ein Sinneswandel eingesetzt und wir renaturieren zerstörte Ökosysteme mehr und mehr.” Schön wär’s…, denn Naturzerstörung und Regulierung der letzten halbwilden Bereiche ereignet sich vor unserer Haustür, in der Nachbarschaft zur Hochschule, die seit Jahrzehnten einen anderen Umgang mit der Natur lehrt.
Unter dem Deckmantel des Hochwasserschutz und von “Instandhaltungsmaßnahmen” sollen die Buhnen an der Oder neu gebaut werden. Die Mitte des Flusses soll dadurch tiefer werden. Für die Vertiefung wird in Kauf genommen, dass der Fluss sich in die Landschaft einschneidet und angrenzende Feuchtgebiete langfristig austrocknen können. Die dynamische Flusssohle der Oder, entstanden durch eine Selbstrenaturierung seit dem letzten Eingriff in den 20er Jahren, bietet vielen seltenen Fischarten Lebensraum und stellt den natürlichen Wert dar, der in Mitteleuropa einmalig ist. Fische wie der Ostseeschnäpel oder der Baltische Störe, dessen Wiederansiedlung seit 2006 betrieben wird, benötigen diese gewachsenen Strukturen. Durch den Ausbau sollen diese Unebenheiten ausgeglichen und jegliche Eigendynamik verhindert werden.
Abgesehen von den Auswirkungen auf die Natur, wird in der öffentlichen Darstellung weiterhin fälschlicherweise von einem Hochwasserschutzprojekt ausgegangen, das offenbar nur als Feigenblatt dient, um andere Ziele zu verwirklichen. Es handelt sich um kein Hochwasserschutzprojekt, das geht aus dem Stromregulierungskonzept selbst hervor und einer weitere Studie zeigt sogar eine Verschlechterung für den Hochwasserschutz. Dem Ausbau der Grenzoder hat Deutschland 2015 deshalb zugestimmt, damit Polen auf seinem Staatsgebiet die Klützer Querfahrt, eine Verbindung zwischen Oder- und Westoder, ausbaut. Das ist die Voraussetzung damit Küstenmotorschiffe den Hafen Schwedt und Papierfabrik Leipa erreichen können. Beide Vorhaben widersprechen dem europäischen Wasser- und Naturschutzrecht. Der wirtschaftliche Nutzen ist auch fragwürdig. Unbeachtet bleibt die Tatsache, dass bei Wasserständen wie in den letzten Sommern, Schiffe – Ausbau hin oder her – ohnehin nicht fahren können und durch das Trockenfallen von Feuchtgebieten zusätzlich das Klima belastet wird. Die Auswirkungen des Klimawandels finden in den Plänen keine Berücksichtigung.
Aufgrund dieser Ungereimtheiten schließt sich der Alnus zusammen mit zahlreichen anderen deutschen und polnischen NGOs, Wissenschaftler*innen und Politiker*innen der Forderung an den Ausbau umgehend zu stoppen! Eine juristische Überprüfung des Einsatzes der Fördermittel und der Landzeitschäden für das ökologische Gleichgewicht der Oder-Landschaft sind nötig!
Die Deklaration kann hier nachgelesen werden:
Joint-Declaration_Logos_DE_final_01