Wir stehen hier auf dem Marktplatz trockenen Fußes, doch unter uns fließt Schichtenwasser in Richtung Finowkanal. Eberswalde hat durch seine Lage im Urstromtal viele Quellen und Fließe. Das größte Fließ ist die Schwärze. An heißen Tagen begeben sich viele Eberswalder*innen an die Schwärze im Ammonpark, an den Finowkanal, aber auch auf die Ebert-Wiese, die durch ihre Bäume, die zentrale und geschützte Lage vor allem von jungen Familien als Treffpunkt genutzt wird.
Die Ebert-Wiese entstand nach dem Krieg, als an dieser Stelle keine neuen Häuser errichtet worden sind. Der Untergrund ist zu nass und damit ungeeignet zum Bauen. Heute prägen dort ein geschlossener Waldstreifen und große Einzelbäume das Bild der Innenstadt. Sie und der Ammonpark bilden die 2 Lungenflügel der Innenstadt, die zusammen gehören! Aus diesem Grund haben wir im letzten Jahr den Ebertwiese „Luftschloss“ getauft und seine Errichtung mit einem Richtfest gefeiert. Ein Schloss aus Baumkronen, das niemanden den Eintritt verwehrt.
Trotz seiner Bedeutung für das Innenstadtklima und der Naherholung, möchte die Stadt diesen Ort großflächig bebauen, um zusätzliche Einzelhandelsflächen und Wohnraum zu schaffen. Dies ist nicht nachvollziehbar bei dem hohen Leerstand an Ladengeschäften, mit steigender Tendenz, sowie einem Wohnungsleerstand in der Innenstadt von weiterhin 9%!
Ein misslicher Trend ist, dass immer mehr Menschen aus der Stadt raus in ein Eigenheim am Stadtrand ziehen möchten, obwohl diese durch ihren Flächen- Rohstoffverbrauch mit am stärkten zu den CO2 Emissionen beitragen. Damit Innenstädte auch für Familien mit Kindern attraktiv bleiben, dürfen Grünflächen wie diese mit ihren wichtigen ökologischen und sozialen Funktionen nicht neuen Bauprojekten weichen!
79 Fußballfelder werden in Deutschland täglich als Siedlungs- und Verkehrsfläche verbraucht. Das ist eine erschreckende Zahl! Versiegelte Flächen fehlen als Lebensräume für Tiere und Pflanzen und in urbanen Räumen dienen unversiegelte Flächen der Naherholung, der sozialen Begegnung und der Regenwasserversickerung. In den Forderungen von fff Brandenburg zum Thema BAUEN UND WOHNEN steht, dass die Zunahme der Flächenversiegelung bis zum Ende der Legislaturperiode auf 0 zu bringen sei!
Klimaschutz ist nicht mit einer Dach- und Fassadenbegrünung bei Neubauten getan, sondern es bedeutet zu Hinterfragen, ob denn überhaupt neu gebaut werden muss? Und es bedeutet das Vorhandene weiter zu nutzen und auch etwas zu improvisieren, damit wenig weggeschmissen wird und neue Rohstoffe sparsam verwendet werden. Denn die Industrieprozesse, bei denen die Stahl- und Zementherstellung Haupttreiber der CO2-Emissionen sind, machen 7% der deutschen Treibhausgasemissionen aus!
Die Friedrich-Ebert-Straße bietet die einmalige Chance, ein modernes Beteiligungsverfahren anzuwenden. Mit professioneller Begleitung und verschiedenen Formaten können so unterschiedliche Bürgergruppen angesprochen und animieren werden. Grundlage dafür ist, dass die Entscheidung einer Bebauung nicht von vorn herein fest steht. Die Stadt kann durch wissenschaftliche Gutachten etwa zu klimatischen Auswirkungen oder zur Einzelhandelsentwicklung weitere Entscheidungshilfen bereitstellen. Nur mit einer ernst gemeinten Beteiligung auf Grundlage von wissenschaftlichen Fakten, kann der entstandene Vertrauensverlust in die Politikmachenden wieder repariert werden!